Als einen Schritt in die richtige Richtung bewertet die Diakonie Sachsen das jetzt verabschiedete Kinder- und Jugendstärkungsgesetz. Es reformiert nach 30 Jahren das Kinder- und Jugendhilferecht, vor allem das Sozialgesetzbuch VIII. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien sollen bundesweit und damit auch in Sachsen zukünftig dort mehr Unterstützung erfahren, wo sie am dringendsten nötig ist. Vorgesehen sind dazu mehr Beratung und Beteiligung derjenigen, die Hilfe dringend brauchen. Umfassender wird auch der Schutz der jungen Menschen, wenn sie in einer Pflegefamilie oder Einrichtung der Erziehungshilfe leben.
„Kinder und Jugendliche, die wegen eines fehlenden familiären Rückhalts benachteiligt sind, soll durch eine wirksame, nachhaltige und vor allem ressourcenorientierte Jugendhilfe besser als bisher geholfen werden. Dass dazu Kinderschutz und Kinderinteressen in Zukunft mehr berücksichtigt werden müssen, ist absolut zu begrüßen“, schätzt Christoph Schellenberger, zuständiger Referent bei der Diakonie Sachsen die neue Rechtslage ein. „Dass die in Sachsen bereits erfolgreich arbeitenden Ombudsstellen gestärkt und weiterentwickelt werden können, ist zudem ein wirklich positiver Aspekt der Reform!“
Als weiteren wichtigen Schritt wertet die Diakonie, dass jetzt bei den gemeinsamen Wohnformen für Eltern, die mit der Betreuung und Versorgung ihrer Kinder überfordert sind, beide Elternteile mit einbezogen werden. "Es ist wichtig, dass nicht nur ein Elternteil Anspruch auf diese Leistung hat - wie dies bisher der Fall ist - sondern auch der zweite Elternteil in den Hilfeprozess einbezogen werden kann," unterstreicht Schellenberger.
Kritisch sieht die Diakonie dagegen, dass die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung noch immer nicht im Jugendhilferecht verankert worden sind. Diese sogenannte inklusive Lösung sah vor, dass Eingliederungs- und Jugendhilfeleistungen aus einer Hand gewährt werden können. Sie soll nun erst im Jahr 2028 kommen und das auch nur dann, wenn bis dahin ein weiteres Reformgesetz zustande kommt, das die Grundlagen dafür schafft.
Auch bei den Careleavern bleibt der Gesetzentwurf weit hinter den Erwartungen zurück. Studien belegen: Nicht benachteiligte Jugendliche verlassen den familiären Haushalt, um selbständig zu leben, meist zwischen dem 20. bis 25. Lebensjahr. Demgegenüber müssen benachteiligte junge Menschen aus sächsischen Pflegefamilien oder Wohngruppen bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahres ausziehen und gelernt haben, selbständig und ohne weitere Hilfen für sich zu sorgen. „Der oft schwierige Übergang von der Ausbildung zum Berufsleben kann auch mit dem neuen Gesetz nicht verbindlich durch die Jugendhilfe begleitet werden. Und auch benachteiligte junge Menschen, die beispielsweise einen höheren Bildungsabschluss anstreben, erhalten keine weiteren Hilfen!“
Bei der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen, wenn Elternteile kurzfristig ausfallen, besteht dagegen nun ein erweiterter Rechtsanspruch auf niederschwellige Hilfe. Bei der Umsetzung sei allerdings auf Qualitätskriterien zu achten.
„Wie durchgreifend und nachhaltig die im Gesetz formulierten Veränderungen letztlich sind und ob gegebenenfalls Nachbesserungen erforderlich sind, wird erst die Praxis zeigen“, fasst Schellenberger abschließend zusammen.
Weitere Informationen: Christoph Schellenberg, Tel.: 0351/8315-160.